Bericht von der Jahreshauptversammlung 2018 in Landau/Pfalz
Liebe Mitglieder und Gäste,
vielen Dank für die starke Beteiligung an unserer Jahreshauptversammlung in Landau in der Pfalz. Ein großer Dank geht an den Gastgeber, Jens-Ove Heckel sowie an die Organisatoren, Teilnehmer und Referenten.
Für alle Teilnehmer und auch für alle, die nicht teilnehmen konnten, haben wir im Folgenden eine Zusammenfassung sowie eine kleine Auswahl an Fotos bereitgestellt (Hier auch ein großes Dankeschön an den Fotografen Gottfried Blankenheim!)
Mitgliederversammlung
Die diesjährige Jahreshauptversammlung am 14.04.2018 im Zoo Landau begann am Vormittag wie gewohnt mit der Mitgliederversammlung. Es gab ausführliche Tätigkeitsberichte aller Vorstandsmitglieder, der Vorsitzenden der Stiftungen SPS und HGS, zudem fasste Viktoria Michel die wichtigsten Ereignisse der Kampagne „Zootier des Jahres 2017" zusammen und Ariel Jacken berichtete über eine Auswahl an geförderten Projekten. Auch der Bericht der Kassenprüfer durfte ebenso wenig fehlen wie der Bericht aus dem Arbeitskreis „Schutz durch Nutzung". Einer der Höhepunkt war sicherlich die Präsentation von zehn eingereichten Videos aus verschiedenen von der ZGAP geförderten Projekten für den diesjährigen Clip-Award, den das Schutzprojekt für den Salvadori-Weißohrsittich in Brasilien gewann. Am Ende der Mitgliederversammlung wurde der Vorstand entlastet. Im weiteren Verlauf standen dann schließlich noch Anträge einzelner Mitglieder auf der Tagesordnung, die von den versammelten Mitgliedern lebhaft diskutiert wurden. Das ausführliche Protokoll mit weiteren Informationen kann hier aufgerufen werden.
Vortragsprogramm
Der Nachmittag gehörte dann einer bunten Mischung spannender fachlicher Vorträge.
Christina Schubert: Schutz des Humboldt-Pinguins e.V.
Den Anfang machte Christina Schubert vom Verein Sphenisco – Schutz des Humboldt-Pinguins e.V. Sie referierte über die Biologie und die Bedrohung der Tiere, die vor allem durch Umweltverschmutzung, Überfischung und Störung der Brutgebiete gefährdet sind. Insbesondere das Hauptverbreitungsgebiet der Tiere, in dem 80% der Freilandpopulation leben, ist durch den geplanten Bau eines Kohlekraftwerkes bzw. eines Minenprojektes mit Bau von zwei Häfen in Gefahr. ACOREMA, die Partnerorganisation von Sphenisco vor Ort kämpft mit einer starken Lobby- und Aufklärungsarbeit für die Rettung der 26.000 Pinguine. Im Laufe der Kampagne konnten im März 2018 Erfolge wie die Unterschutzstellung wichtiger Brutsinseln und die Befürwortung einer Meeresschutzzone durch das Ministerkomitee verbucht werden. Allerdings gibt es bisher keine konkreten Beschlüsse zur Größe und Begrenzung des Schutzgebietes und die Tatsache, dass sich der neu gewählte Präsident Sebastián Piñera im Wahlkampf für das Minenprojekt ausgesprochen hat, lässt befürchten, dass die Pinguine in eine ungewisse Zukunft blicken. Sphenisco e.V. bittet um Spenden um die Partner vor Ort weiter nach besten Kräften unterstützen zu können.
Sandra Reichler: Primatenschutz in Westafrika durch die WAPCA
Den zweiten Vortrag hielt Sandra Reichler aus dem Zoo Heidelberg. Sie berichtete über 17 Jahre Primatenschutz in Westafrika durch die WAPCA (West African Primate Conservation Action e.V.). Die ZGAP war 2001 eines der Gründungsmitglieder des vom Zoo Heideberg aus koordinierten Vereins, dem 19 europäische Zoos angehören. Ziel ist der Schutz endemischer Primatenarten (Roloway Meerkatze, der Weißscheitelmangabe, des Weißbartstummelaffen und des Miss Waldron's Rotcolobus) im Eastern Upper Guinean Forest, einem Hotspot der Biodiversität, der sich grenzüberschreitend in der östlichen Elfenbeinküste und im westlichen Ghana befindet. Die Affen sind durch Lebensraumverlust (Rodung, Monokulturen, illegaler Abbau von Rohstoffen und Holzeinschlag) gefährdet. Zudem werden sie illegal als Haustiere gefangen oder enden als Bushmeat. Die WAPCA unterstützt das Endangered Primate Breeding Centre (EPBC) in Achimota bei ex situ-Zuchtprogrammen und fördert den in situ-Schutz durch die Unterstützung verschiedener Bereiche – u.a. Parkmanagement, Monitoring der Primatenbestände, Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft sowie Aufzeigen alternativer Einnahmequellen (z.B. Ökotourismus). Gleichzeitig werden durch eine Forschungsgruppe Bestandsaufnahmen und Verhaltensstudien durchgeführt. Ein weiterer Schwerpunkt in den 17 Jahren war zudem die Bildungs- und Aufklärungsarbeit der lokalen Bevölkerung. Zum Schluss konnte Sandra Reichler dann noch über eine neu entdeckte Mangabenpopulation im Atewa Forest berichten.
Dr. Martin Schaefer: Wie man das Aussterben von Arten verhindern (kann)
Als nächster Vortragender rief Dr. Martin Schaefer von der Universität Freiburg und CEO Fundación Jocotoco mit seinem Vortrag „Wie man das Aussterben von Arten verhindern (kann)" dazu auf Artenschutz neu zu denken. Anhand verschiedener sowohl misslungener als auch erfolgreicher Schutzprojekte zeigte er auf, welche Ansätze zu einem erfolgreichen Outcome führen und welche Fehler vermieden werden sollten. Auch wenn effektiver Naturschutz nicht teuer sein muss – wie das Beispiel der Buschammer zeigt, deren Rettung lediglich 400.000 $ erforderte – ist für einen erfolgreichen Artenschutz mehr Geld notwendig. Den aktuellen Verlust an Biodiversität zu stoppen, würde eine jährliche Investition von 76 Mrd $ erfordern – was dem durchschnittlichen europäischen Eiskonsum oder 20% des globalen Softdrinkmarktes entspricht.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind nach Meinung von Dr. Schaefer fundierter wissenschaftlicher Analysen und die rasche Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse. Von Vorteil ist zudem der Besitz von Land, weil dies eine unbürokratische(re) Umsetzung der Schutzbemühungen erlaubt. Probleme bei nicht erfolgreichen Projekten sind andererseits die Zusammenarbeit mit schwachen Partnern vor Ort, die Abhängigkeit von einzelnen Personen, ein zu geringes Verantwortungsbewusstsein (Korruption, kein optimaler Einsatz von Mitteln) oder das Unvermögen der Partner die nötigen ökologischen Erkenntnisse zu liefern. Schwache Partner sind oft auch nicht in der Lage Lebensräume und Tiere ausreichend zu schützen.
Der aktuelle Krieg um Ressourcen führt zudem zu einem immer größeren Druck auf geschütztes Land. Allein in Brasilien gingen dadurch seit dem Jahr 2000 mehr als 2 Mio Hektar geschütztes Land verloren und auch Umweltaktivisten sehen sich einer zunehmenden Gefahr ausgesetzt: mindestens 197 von ihnen wurden 2017 ermordet. Für die ZGAP schlägt Martin Schaefer vor, sich vor Bewilligung einer Förderung sehr fundierte Einblicke in die Organisationskultur des Antragstellers zu verschaffen, sich auf starke Partner zu konzentrieren und wenige, erfolgversprechende Projekte auszuwählen, die dafür aber langfristig gefördert werden. Hierbei müssen klare Vorgaben gemacht werden, welche Daten erhoben und welche Ziele erreicht werden sollen. Zudem trägt eine strenge Überprüfung der Verwendung der eingesetzten Mittel zu einem erfolgreichen Artenschutz bei.
Max Birkendorf: Kommunikakadu - Herausforderungen eines jungen EEPs
Anschließend berichtete Max Birkendorf vom Zoo Neuwied in seinem Vortrag „Kommunikakadu - Herausforderungen eines jungen EEPs" über die ex situ-Zucht von Gelbwangenkakadus. Im EAZA-Raum werden derzeit 76 Individuen (37.23.17) gehalten. Es handelt sich dabei um 32 Institutionen und 23 Einzelhaltungen. In neun Institutionen befindet sich mehr als Individuum und in sechs Institutionen mindestens ein Pärchen. Zwischen 2003 und 2018 sind in vier Institutionen 14 Jungtiere (6.3.5) geschlüpft. Problematisch gestaltet sich, dass sowohl das Alter als auch die Herkunft der Tiere häufig unbekannt sind. Zeitnah sollten daher die aktuell gehaltenen Vögel vermessen, die Zahl der Halter und der gehaltenen Vögel vergrößert, der Umgang mit Krankheiten vereinheitlicht und Vögel miteinander sozialisiert werden um die Zucht erfolgreich zu gestalten.
Anna Releaux: Wer Kakadus fängt wird Millionär - Wie können wir die Gelbwangenkakadus trotzdem retten?
Auch im anschließenden Vortrag ging es um Gelbwangenkakadus. Anna Releaux fragte „Wer Kakadus fängt wird Millionär - Wie können wir die Gelbwangenkakadus trotzdem retten?". Sie berichtete von ihrer Arbeit aus dem langjährigen FbP-Projekt mit Burung Indonesia, in dem seit 2011 versucht wird die Brutökologie der Tiere zu erforschen. In ihrer Doktorarbeit sollen Status, Überlebensfähigkeit und Schutzbedarf aller Population der Art ermittelt werden. Die Schwerpunkte liegen auf den Themen Brutökologie (Sumba), Populationszählung (Sumba) sowie Überlebensfähigkeit der anderen Unterarten. Die beiden ersten Untersuchungen werden durch ein ZGAP-Projekt gefördert.
Im Rahmen der Arbeit konnten 19 ehemalige Nistbäume und 17 weitere aktive Baumhöhlen dokumentiert werden. In vier Nestern wurden sicher Eier gelegt. Leider wurden zwei davon im Eierstadium verlassen, ein Jungtier verstarb, ein Vogel wurde flügge. Hauptproblem der Vögel auf Sumba ist die Konkurrenz um Nisthöhlen. Zudem sind der illegale Fang und der Verlust des Lebensraums möglicherweise weitere Ursachen für die geringe Produktivität. Um dies zu klären, ist weitere Feldforschung im restlichen Verbreitungsgebiet geplant, zudem sollen auf Sumba Nistkästen aufgehängt werden. Weitere Maßnahmen umfassen die Bekämpfung des illegalen Fangs sowie Lobbyarbeit bei Regierungsstellen um den Verlust des Lebensraums zu begrenzen.
Johanna Rode-Margono: Schwein gehabt! Bestätigung der letzten Java Pustelschweinpopulationen auf Java
Der nächste Vortrag befasste sich mit indonesischen Tierarten. Johanna Rode-Margono vom Chester Zoo referierte über das Thema „Schwein gehabt! Bestätigung der letzten Java Pustelschweinpopulationen auf Java – und Überblick über den Artenschutz von Pustelschweinen und Baweanhirschen auf Java und Bawean". Da sie uns die Vortragsunterlagen vertraulich überlassen hat, gehen wir auf den Inhalt hier nicht näher ein.
Markus Handschuh: Westliches Haselhuhn (Tetrastes bonasia rhenana) – eine Unterart kurz vor dem Aussterben
Im letzten Vortrag von Markus Handschuh (Universität Freiburg) wurde uns in Erinnerung gerufen, dass es auch in Europa (fast) endemische Tierarten gibt, die stark gefährdet sind, als es hieß „Westliches Haselhuhn (Tetrastes bonasia rhenana) – eine Unterart kurz vor dem Aussterben". Diese Vogelart ist erst seit kurzem in den Fokus der Ornithologie und des Naturschutzes gerückt. Es war ehemals häufig und weit in den Mittelgebirgen Westdeutschlands, Belgiens, Luxemburgs und Frankreichs verbreitet, ist heute aber vom Aussterben bedroht. Rückgangsursache ist v. a. der großflächige Verlust von Niederwäldern und anderer strukturreicher Waldhabitate aufgrund der modernen regulären Forstwirtschaft. Aber auch eine erhöhte Prädatorendichte, hohe Schalenwildbestände sowie Witterungseinflüsse tragen zu der prekären Situation bei. Nach offiziellen Angaben gibt es in Deutschland aktuell 140-160 Brutpaare, doch eine kritische Überprüfung von ca. 200 Meldungen zwischen 2010 und 2017 ergab keinen einzigen gesicherten Nachweis. Zumeist handelte es sich um Verwechslungen mit häufigen Vogelarten. Das Taxon ist in Deutschland somit wahrscheinlich ausgestorben. Derzeit sind weltweit aktuell nur noch drei Paare und vier einzelne Hähne in den südlichen Vogesen bestätigt.
Das Westliche Haselhuhn ist somit das am höchsten bedrohte Vogeltaxon Europas und Deutschland und seine westlich angrenzenden Nachbarn tragen die alleinige Verantwortung für das Fortbestehen der Art. Notwendige und laufende Schutzmaßnahmen umfassen die Etablierung einer Sicherheitspopulation in Menschenobhut in internationaler Zusammenarbeit. Zudem soll die aktuelle Bestandssituation durch gezielte Nachsuchen geklärt werden. Wo Vorkommen ggf. noch bestätigt werden können, sollen sofortige Notmaßnahmen zur Lebensraumoptimierung eingeleitet werden. Insgesamt gestalten sich die oben aufgeführten Punkte jedoch aufgrund von bürokratischen Hürden bzw. Limitierungen durch die ehrenamtliche Arbeit als langsam und schleppend.
Ein sehr erfreulicher Umstand bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung war die Anwesenheit der rheinland-pfälzischen Landtagsabgeordneten Nina Kinkel, die frisch gebackenes ZGAP-Mitglied ist und unmittelbar nach dem letzten Vortrag Unterstützung für das Westliche Haselhuhn versprach. Wir freuen uns sehr darüber und heißen sie herzlich in der ZGAP willkommen.